Köhlerei

Eine Betrachtung über das Leben, die Gepflogenheiten und das Handwerk der Holzköhlerei in Neustadt am Rennsteig

Das Leben und die Gepflogenheiten der Köhler

Bevor der Köhler seinen Meiler baut, wird eine Köhlerhütte erstellt.Dazu werden 4 entrindete Bäume in den Boden eingebracht und zusammengebunden. Drei Seiten werden dicht mit Zweigen und Reißig verkleidet. Eine Seite bleibt offen und dient als Tür. Die Sitzgelegenheiten sind aus einfachen Holz und mit Reißig belegt. Schlichte Reißiglager bilden die Schlafstätte für der Köhler. Die Kochstelle besteht aus Steinblöcken, worauf die Mahlzeiten zubereitet werden. Die Köhler hatten früher einen mageren Küchenzettel (hartes Brot, Käse, Speck und einen Schluck Branntwein) .
Das “Köhlerbeben” war der Leckerbissen des Köhlers, eine im Meiler geröstete Brotschnitte mit frischer Butter durchtränkt und dieses Festmahl gab es nur, wenn der Köhler mit seiner “Hillebille” zum Festmahl gerufen hatte.
Diese “Hillebille” ist ein buchenes Brett, welches an zwei Riemen hängt, die an einer Stange befestigt sind und diese verbindet die gabelförmigen Enden zweier eingerammter Pfähle. Mit aller Kraft schlägt der Köhler den buchenen Hammer im bestimmten Takt gegen das Brett, daß es weithin schallt.
Bald ertönt auf gleiche Weise Antwort von der nächsten Köhlerstätte. Diese “Hillebille” dient als Alarmglocke, wenn ein Köhler beim Wachen an seinen Meiler eingeschlafen ist und dadurch der gesamte Meiler lichterloh brennt.Dann kommt von den anderen Köhlerstätten Hilfe.
Dies bringt natürlich dem um Hilfe rufenden Köhler kein gutes Ansehen ein. Die “Hillebille” gibt nicht nur Notsignale, sondern mit ihr ertönen Jägerrufe, die dem Weidmann darüber informieren, daß Wild naht oder das Feinde im Anzug sind.

 

Das Handwerk der Holzköhlerei

Ein im Verlauf des Mittelalters intensiv betriebenes Handwerk war die Holzköhlerei, die mit dem Bergbau einherging und der Hauptenergieträger der Verhüttungs- und Schmiedeprozesse gewesen ist.
Um weite und beschwerliche Transportwege zu vermeiden, wurden die Meiler meistens gleich an den Holzeinschlagplätzen aufgebaut.
Das ist heute daran zu erkennen, daß z.b. rings um Neustadt am Rennsteig, ob auf Bergen, an steilen Berghängen oder in den Tälern hunderte ehemalige Meilerplätze vorzufinden sind. Voraussetzung war jedoch, daß in unmittelbarer Nähe Wasser vorhanden war, welches zum Löschen der Holzkohle benötigt wurde oder es mußte dahin geleitet oder getragen werden. Das Meilerholz wurde meist auf Meterlängen eingeschnitten, starke Stammstücke auseinandergespalten, so daß wegen der besseren Verkohlung die Dicke des Holzes 20 cm nicht überschritten wurde.
Nun begann der Aufbau des Meilers. Zunächst wurden in einem Quadrat von 50 x 50 cm vier Reißerstangen von 2 – 2.50 m Höhe in die Erde eingeschlagen, die den sogenannten Kamin bildeten. Von hier ausgehend legte man in vier Richtungen Luftkanäle mit Stangen oder Latten an. War diese Tätigkeit beendet, wurde mit der Aufstellung des Holzes begonnen, indem man die Holzscheide und Knüppel senkrecht um den Kamin stellte, Durchmesser ca 4 -5 m, manchmal bis 10 m. Auf die erste Schicht wurde die zweite Schicht Holz schräg aufgelegt, das starke Ende immer nach unten, so daß der Meiler eine Kegelform erhielt. War dieser Arbeitsgang beendet, wird der gesamte Meiler mit einer Schicht Reißig abgedeckt. Der Meiler wurde danach mit Rasenstücken, mit der Grasseite nach unten, eng aneinandergereiht abgedeckt. Das Rasenschälen war eine intensive und komplizierte Arbeit. Es mußte eine große Anzahl Rasenstücken in der Größe von 50 x 50 cm abgeschält werden. Meistens geschah der Antransport aus weiter und beschwerlicher Entfernung.
War der gesamte Meiler, bis auf den Schacht, der mit einen Eisenblech abgedeckt wurde, zugedeckt, wurde er mit Erde oder Kohlenasche überworfen, damit er luftdicht abgeschlossen war. Nunmehr war es soweit den Meiler anzubrennen. Der Luftschacht wurde mit trockenen Holzspänen ca. 1 m hoch gefüllt. Ein mit leicht brennbarer Flüssigkeit getränkter Lappen wurde angebrannt und hinabgeworfen, der Rest des Schachtes sogleich mit kurzen Holzstücken aufgefüllt. War ein intensives Knacken im Meiler mit der entsprechenden starken Rauchentwicklung festzustellen, wurden die Luftkanäle reguliert bzw. geschlossen. Damit erfolgte die Regulierung des Verkohlungsprozesses. Im Verlaufe der ersten beiden Tage und Nächte mußte mehrmals der Schacht nachgefüllt und einbrechende Rasenstücke ergänzt werden. Dies war eine lebensgefährliche Arbeit. Nach dem 3. Tag wurde der Meiler ruhiger. Zwischen dem 5. und 6. Tag nahm die Rasen- und Erdschicht aschgraue Färbung an und trocknete aus. Blaurote Flammen ohne wenig Rauchentwicklung loderten hin und wieder hervor. Immer wieder mußte mit einem Holzstampfer der gesamte Meiler festgestampft werden. Eine lange spitze Eisenstange diente zum Einstechen. Gab es keinen festen Widerstand mehr, war es das Zeichen, daß der Meiler durchgebrannt war. Die Löschung konnte beginnen. Der Meiler wurde an der Windseite aufgemacht. Schubweise, mit einen eisernen Rechen nahm man die glühenden Kohlen heraus und löschte sie mit Wasser ab. Das war ein sehr komplizierter Arbeitsvorgang, denn zu vieles Wasser bedeutete, daß die Kohlen ersaufen und schlecht brennen und bei Gebrauch eine starke Rauchentwicklung haben. Bei zu wenig Wasser können Brandstellen bleiben, die bei ungenügender Beaufsichtigung der gelöschten Kohlen in kurzer Zeit ein ganzes Kohlenlager entzünden können.
Nach völliger Löschung des Meilers, sie dauert ca. 10 Stunden, wurden die Kohlen in Säcke oder Tüten abgefüllt, gelagert oder zum Versand gebracht.

Zusammengestellt von Manfred Kastner – März 1997 für die Heimatstube des Thüringer Rennsteigvereines e.V. Neustadt am Rennsteig

 

 

Fakten zur Holzköhlerei in Neustadt am Rennsteig

1945
Mit Ende des 2. Weltkrieges lag die Bereitstellung sämtlicher Energieträger am Boden. Zur Überbrückung von Engpässen griff man teilweise auf mittelalterliche Methoden zurück, so auch auf die Holzköhlerei. Fast alle Fahrzeuge wurden auf Holzgeneratoren umgerüstet und die Nachfrage nach Tankholz und Holzkohle war groß.
Heinrich Beetz betrieb von 1945 bis 1952 Tankholzfertigung. Die Holzkohle wurden an ca. 30 Bedarfsträger geliefert, darunter auch an die Fa. Spindler in Apolda, die einzige Glockengießerei in der ehemaligen DDR.

1967
Heinrich Beetz meilerte bis 1967 am Ebereschenhügel.

1969
Gerhard Mordhorst übernimmt von Heinrich Beetz die Holzköhler – Tradition. Bis 1971 produzieren sie gemeinsam an der alten Meilerstätte. Danach baute Herr Mordhorst die Meiler direkt am Ochsenbach, wo er bis 1974 zur Zwangsenteignung meilerte.

1993
Herr Gerhard Mordhorst begann wieder mit der Herstellung von Holzkohle in Stahlkesseln. Die Unterlagen für eine rekonstruierte Köhlerei waren gleich eingereicht worden, aber erst 1996 kam es zu den Genehmigungen.

2003
Die Köhlerei „Am Ochsenbach“ übernimmt Familie Stärker aus Möhrenbach.

Die Köhlerei am Ochsenbach ist die einzige Köhlerei im Ilmkreis und am Rennsteig

Quelle: Ortsgeschichte des Thüringer Rennsteigvereines e.V. Neustadt am Rennsteig